Sweet Chocolate retten


Privatisierung von Erhaltungssorten? Einspruch!



Paprikasamen  HABA

 Ein unerwarteter Erfolg:

SWEET CHOCOLATE ist wieder eine freie Sorte!


Im Jahr 2022 hat die Initiative Unverblümt gemeinsam mit 30 Unterzeichner:innen Einspruch erhoben – gegen die drohende Zulassung des Paprikas SWEET CHOCOLATE als EU-Handelssorte, mit der das Recht der bisherigen Erhalter:innen, Saatgut dieser Sorte in Verkehr zu bringen, erlischt.

Mit diesem Einspruch haben wir einiges ins Rollen gebracht und haben jetzt die erfreuliche Auskunft erhalten, dass Saatgut von Sweet Chocolate wieder offiziell getauscht, verkauft und in seinen vielfältigen Formen und Schlägen weitergegeben werden darf!

Chronologie der Ereignisse

  • 2021 Bei einer Unverblümt-Recherche fällt auf, dass sich die freie Sorte Sweet Chocolate im Zulassungsverfahren als EU-Handelssorte befindet
  • April 2022: Einspruch beim Amt für Ernährungssicherheit eingebracht
  • 2022 zahlreiche Telefongespräche mit betroffenen Erhalter:innen,  der Zulassungsbehörde und der Rechtsabteilung des Ministeriums für LW.
  • 2021 und 2022 Anfragen bei Arche Noah ergeben, dass der Verein AN kein Problem erkennen könne. Im Gegenteil, es sei die moralische Verpflichtung des Vereines, möglichst viel Saatgut der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen, die in großen Strukturen viel besser und effizienter als Kleinbäuer:innen und Erhalter:innen die Ernährung der Welt sicherstellen könne. Biopiraterie sei das keine.

Wir erhalten die Aufforderung, den Einspruch ad acta zu legen, die betreffende Firma habe das Zulassungsansuchen zurückgezogen. Diese Auskunft erhalten auch Arche Noah Mitglieder, die das Thema bei einer Veranstaltung zur Sprache bringen.  Die Behauptung erweist sich als falsch.  Eintreten für die Rechte von Erhalter:innen bezeichnet Geschäftsführer Volker Plass als „Kleinkrieg“.

  • Februar 2023 Herausgabe der Unverblümten Sortenfibel, in der auch die aktuelle Verwendung von Sweet Chocolate und Shintokiwa dokumentiert ist
  • Februar 2023 Endlich Termin im Ministerium – 3 Vertreter:innen der Initiative Unverblümt diskutieren mit einer hochkarätig besetzten Delegation im Landwirtschaftsministerium über die Problematik der privatisierten Sorten und überreichen ein Exemplar der Unverblümten Sortenfibel. Wir erfahren, dass wir weder Parteienstellung noch verbriefte Rechte in Hinblick auf das Zulassungsverfahren haben. Wir erfahren aber auch, dass die Behörde alle Tatsachen, die ihr zur Kenntnis gelangen, im Zulassungsverfahren berücksichtigen muss.
  • 29.6. 2023: Wir erhalten wir die mündliche Auskunft (schriftlich gibt es nichts, denn wir haben ja keine Parteienstellung), dass die Antragsstellerin, die Sweet Chocolate als „eigene Züchtung“ zur Zulassung angemeldet hatte, von der Behörde in Folge unseres Einspruchs aufgefordert wurde, eine Dokumentation ihrer Züchtungsarbeit samt Samenproben der Selektionsschritte nachzureichen, was innerhalb der gesetzten Frist nicht geschehen ist – mit anderen Worten:

Sweet Chocolate ist wieder frei!

„Zu Ihrem Einspruch gegen die Zulassung der Paprikasorte Sweet Chocolate, kann ich ihnen mitteilen, dass wir von dem rechtsstaatlichen Instrument des Parteiengehörs Gebrauch gemacht haben. Wir haben also die Saatgutfirma aufgefordert, innerhalb einer Frist bekannt zugeben welche züchterischen Maßnahmen, also Selektionsvorgänge, sie gesetzt hat, um die bereits bestehende Sorte zu verändern und züchterisch zu bearbeiten. Desweiteren haben wir sie aufgefordert Zuchtmaterial vorzulegen, das die fortschreitenden Selektionsschritte belegt............und ich kann ihnen mitteilen, dass die Frist vor ca. 3 Tagen abgelaufen ist, ohne dass die Firma eine Eingabe gemacht hätte. Wir gehen also davon aus, das der Antrag nicht mehr weiterverfolgt werden kann.“

Danke an Alle, die den Einspruch für Sweet Chocolate mit eingebracht haben!


Dagegen haben wir etwas einzuwenden:


Kennen Sie die Paprikasorte SWEET CHOCOLATE ?

Seit vielen Jahren wird sie in Saatgutnetzwerken angebaut, vermehrt, weitergegeben und als Gemeingut erhalten.

Jetzt hat eine Firma die beliebte Sorte zur Zulassung als kommerzielle EU-Handelssorte angemeldet.

Sobald eine Sorte zum Zulassungsverfahren angemeldet ist, darf sie nicht mehr wie gewohnt weitergegeben und getauscht werden!


Die Initiative Unverblümt hat gemeinsam mit 31 ERHALTER:INNEN UND SAATGUTFREUND:INNEN einen Einspruch beim Bundesamt für Ernährungssicherheit eingebracht.

Einwendung: vollständigen Text lesen

SWEET CHOCOLATE ist ein schokoladenbrauner, robuster Paprika, der in den 1960er Jahren von Elwyn Meader gezüchtet wurde.

Professor Meader war gegen Rechte und Lizenzen auf Saatgut und hat seine Züchtungen DER ALLGEMEINHEIT ZUR VERFÜGUNG GESTELLT.

"I was working for the taxpayers, and the results of my work belonged to them.”  (Elwyn Meader)

Link --> Seedsman Hall of Fame - Elwyn Meader

Sweet Chocolate ist kein Einzelfall - bereits 2019 wurde die Sorte Shintokiwa in Österreich als EU-Handelssorte zugelassen - ebenfalls nach mehr als 20 Jahren gemeinschaftlicher Erhaltungsarbeit. Mithilfe historischer Sortenhandbücher können wir bis zum Jahr 2016 nachweisen, dass die betroffenen Sorten von mehreren Erhalter:innen in ihren Gärten vermehrt und in Saatgutnetzwerken weitergegeben wurden - also bis zur Anmeldung durch eine Firma Allgemeingut waren.


Ob und wie viele andere Sorten diese stille Privatisierung betrifft, wissen wir nicht. Da es seit 2017 kein Sortenhandbuch mehr gibt, ist nicht mehr nachvollziehbar, wann welche Sorte angeboten wurde oder gegebenenfalls verschwunden ist. 


Anhand der beiden Sorten sehen wir, dass jede Saatgutfirma, ob klein oder richtig groß, freie Sorten für  kommerzielle Zwecke anmelden und privatisieren kann.  Wenn dieses Beispiel Schule macht, könnte es schnell vorbei sein mit der Vielfalt in unseren Gärten.




Warum? Was soll schlecht daran sein, wenn Vielfaltssorten im Handel erhältlich sind?

  • Auf den Handel kann man sich nicht verlassen - die kommerziellen Interessen überwiegen und wenn sich eine Sorte nicht mehr rechnet, wird sie aus dem Sortiment genommen. Eine Sorte ist dann bis die Zulassung ausläuft nicht mehr verfügbar, denn wir dürfen sie ja nicht frei tauschen, auch wenn man sie nirgends kaufen kann.
  • Voraussetzung für die Zulassung ist die Einhaltung der DUS-Kriterien: jede Normalsorte muss unterscheidbar (distinctive), uniform und stabil sein. Und darf nur von anderen Züchtern verkauft werden, wenn sie exakt der Beschreibung in der Sortenliste entspricht. Unsere Erhaltungssorten aber sind in sich vielfältig - durch die Vermehrung an vielen verschiedenen Standorten und von verschiedenen Menschen  sind zahlreiche Varianten entstanden, an unterschiedliche Klimabedingungen angepasst und nach unterschiedlichen Kriterien für die Weitervermehrung ausgesucht. DAS IST VIELFALT.
  • Erhaltung braucht Austausch - wenn ich mein Saatgut nicht weitergeben darf, verliere ich schnell die Motivation für die aufwendige Erhaltungsarbeit. Wenn einzelne beliebte Sorten aus unseren Netzwerken abgezogen werden, weil sie sich kommerziell nutzen lassen, bringt das nichts für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt. Im Gegenteil, es entsteht der Anschein von Vielfalt in den Hausgärten und die vielen Sorten, die alle erhaltenswert sind, werden von ein paar bunten Verkaufsschlagern in den Hintergrund gedrängt. Jede Sorte ist wertvoll!


Saatgut ist Gemeingut und muss es bleiben, denn das Recht auf Saatgut ist ein Menschenrecht.


Betreff: Paprika (Capsicum annuum) ‘Sweet Chocolate‘

Einwendung gegen den Antrag auf Sortenzulassung nach § 55 SaatG 1997



Der Paprika ‘Sweet Chocolate‘ wurde vor ca. 60 Jahren von Prof. Elwyn Meader gezüchtet und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. "I was working for the taxpayer and the results onfmy work belonged to them." (Elwyn Meader)


Seitdem wird diese Sorte europaweit in Saatgutnetzwerken in Verkehr gebracht. Im Arche Noah Sortenhandbuch ist die Nutzung der Sorte durch etliche Personen seit dem Jahr 2000 dokumentiert. In österreichischen Saatgutnetzwerken wird sie also seit mindestens 22 Jahren vermehrt und weitergegeben.

Die Sorte erfreut sich großer Beliebtheit. 2010 wurde sie unter der Sortennummer 20707 in der österreichischen Sortenliste „für den Anbau unter besonderen Bedingungen“ zugelassen und gilt somit als pflanzengenetische Ressource. Zulassungsinhaberin ist die Firma Reinsaat in St. Leonhard am Hornerwald. Laut Mitteilung der Firma Reinsaat auf deren Homepage befindet sich die genannte Sorte im Zulassungsverfahren zur Hochstufung ins Normalsortiment (EU-Handelssorte). Laut Österreichischer Saatgutverordnung § 4 (3) verliert eine Sorte mit der Registrierung zum Zulassungsverfahren ihren Status als pflanzengenetische Ressource und darf somit von den bisherigen Nutzer:innen und Erhalter:innen nicht mehr in Verkehr gebracht werden.


Aus diesem Grund erheben wir Einwendung gegen:

1. die Aufnahme der Sorte in das Zulassungsverfahren

2. die Zulassung der Sorte als Hochzuchtsorte (Normalsortiment)

3. die Verwendung des Namens „Sweet Chocolate“ für eine Hochzuchtsorte (Normalsortiment) gemäß § 55 SaatG 1997


Begründung:

ad 1: A). Durch die Aufnahme in das Zulassungsverfahren werden die Rechte der bisherigen Erhalter:innen und Nutzer:innen der Sorte verletzt. Sowohl der internationale Saatgutvertrag ITPGR-FAO, als auch die UNDROP-Deklaration garantieren das Recht der Bauern bzw. das Recht der Kleinbäuerinnen und der ländlichen Bevölkerung, Saatgut zu vermehren, zu lagern, zum Verkauf anzubieten und zu verkaufen.

B). Eine Ausschaltung der Rechte der bisherigen Nutzer:innen ist mit der EUBiodiversitätsstrategie unvereinbar. Die Registrierung als zusätzlicher Züchter einer Hochleistungssorte ist zwar theoretisch möglich, jedoch in der Praxis für die Erhalter:innen nicht zumutbar und setzt die Verwendung genetisch identen Materials voraus. Dadurch ginge die intravarietale Diversität dieser Sorte und somit ihre Anpassungsfähigkeit verloren. Alle dürften dann nur noch die im Sortenregister beschriebene Linie in Verkehr bringen. Im Sinne der Erhaltung einer genetischen Diversität ist es von großer Wichtigkeit, die In-situVermehrung an möglichst vielen verschiedenen Standorten zu ermöglichen und zu fördern.

C) Der Sortenname ist bereits eingeführt. Eine Hochzuchtsorte, die den DUS-Kriterien entsprechen muss und laut Firma Reinsaat auch züchterisch bearbeitet worden ist5 , kann daher nicht unter dem bereits verwendeten und gebräuchlichen Namen einer beliebten Erhaltungssorte zum Zulassungsverfahren zugelassen werden.


 ad 2: Da die Aufnahme in das Zulassungsverfahren bereits erfolgt ist, richtet sich unser Einspruch auf eine möglichst schnelle Ablehnung der Hochstufung der Sorte ...........

weiterlesen: Die Einwendung als Pdf
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