Einspruch Gurke Shintokiwa

Gebt uns unsere Gurke zurück!

Die Gurkensorte ´Shintokiwa´  wurde 1998 vom Sortenerhalter Gerald Harbich über Seed Savers Exchange nach Österreich gebracht, in Folge weiter erhalten und als Erhaltungssorte weitergegeben. In Österreich ist die Nutzung, Vermehrung und Erhaltungszüchtung dieser Sorte durch etliche Personen seit dem Jahr 2001 im Arche Noah Sortenhandbuch dokumentiert. Sie wird seit mindestens 22 Jahren und bis heute in österreichischen Saatgutnetzwerken vermehrt und weitergegeben und erfreut sich großer Beliebtheit. 


Die Sorte ´Shintokiwa´ wird seit 2019 im Normalsortiment (EU-Handelssorte) gelistet; angemeldet wurde sie von einer Firma , die sie als eigene Züchtung bezeichnet. 

Als gelistete Sorte hat sie ihren Status als genetische Ressource verloren und darf EU-weit nicht mehr in Erhaltungsnetzwerken weitergegeben werden. 

Erhalter:innen, Kleinbäuerinnen und Hausgärtner fordern: Gebt uns unsere Gurke zurück!

Die Initiative Unverblümt hat diesen Fall von Biopiraterie dokumentiert und erhebt Einspruch beim Amt für Ernährungssicherheit.

klick zur Dokumentation - die Anhänge zum Einspruch Einspruch als pdf Das unterschreibe ich

 An das

Bundesamt für Ernährungssicherheit

p. A. AGES

Spargelfeldstraße 191

1210 Wien                                                                                                 

 

 

Betreff:          Gurke (Cucumis sativus) ´SHINTOKIWA´


1)    Antrag auf Erstreckung der Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen die Zulassung (in eventu Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. Wiederaufnahme des Verfahrens);

2)    Einwendung gegen die Zulassung der Sorte ins Normalsortiment;

3)    Antrag auf Aufhebung der Zulassung der Sorte ´Shintokiva´von Amtswegen;

4)    Einwendung gegen die Verwendung des Sortennamens für eine Neuzüchtung nach § 55 SaatG 1997

 

1.    Die Gurkensorte ´Shintokiwa´  kommt ursprünglich aus Japan und wurde 1998 vom Sortenerhalter Gerald Harbich über Seed Savers Exchange nach Österreich gebracht, in Folge weiter erhalten und als Erhaltungssorte weitergegeben. In Österreich ist die Nutzung, Vermehrung und Erhaltungszüchtung dieser Sorte durch etliche Personen seit dem Jahr 2001im Arche Noah Sortenhandbuch dokumentiert.[1] Sie wird seit mindestens 22 Jahren und bis heute in österreichischen Saatgutnetzwerken vermehrt und weitergegeben.[2]

Die Sorte erfreut sich großer Beliebtheit, 2018 wurde sie bei einer vom Verein Arche Noah mitorganisierten Verkostung besonders hervorgehoben, da sie „im Spitzenfeld der Haubenkochbewertung“ landete.[3] Die Sorte ´Shintokiwa´ wird seit 2019 im Normalsortiment (EU-Handelssorte) gelistet; angemeldet wurde sie von der Firma Reinsaat, die sie auf deren Firmen-Homepage als eigene Züchtung bezeichnet. [4]


2.    Im Hinblick darauf, dass maßgebliche Fakten erst durch mühevolle Recherchearbeit nach erfolgter Zulassung belegt werden konnten, wird der Antrag gestellt, die nach § 55 (1) Saatgutgesetz geltende Frist zur Erhebung eines Einwandes zu erstrecken, in eventu die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zu bewilligen, in eventu das Verfahren wegen der Zurverfügungstellung neuer Beweismittel wieder aufzunehmen.

Zugleich erheben wir hiermit Einwendungen gegen:

2.1. die Zulassung der Sorte als Hochzuchtsorte (Normalsortiment);

2.2. die weitere Listung der Sorte im Normalsortiment;

2.3. die Verwendung des gebräuchlichen Namens ´Shintokiwa´ für eine Hochzuchtsorte (Normalsortiment) gemäß § 55 SaatG 1997;

2.4. In eventu beantragen wir, dass die Behörde auf Grund der von der Initiative Unverblümt zur Verfügung gestellten und weiteren zu erhebenden Informationen von sich aus tätig wird, weil die Behörde insbesondere eine wegen unrichtiger Angaben im Zulassungsverfahren zu Unrecht erwirkte Zulassung oder eine aus sonstigen Gründen unrechtmäßige Zulassung oder Sortenbezeichnung von Amts wegen aufheben (§ 62 und § 64 SaatG) bzw. wegen Vorliegens neuer Beweismittel wiederaufnehmen muss.

 

 Begründung:


Ad2.1:

 A) Durch die Zulassung der Sorte als EU-Handelssorte werden die Rechte der bisherigen Erhalter:innen und Nutzer:innen der Sorte verletzt. Sowohl der internationale Saatgutvertrag ITPGR-FAO, als auch die UNDROP-Deklaration garantieren das Recht der Bauern bzw. das Recht der Kleinbäuerinnen und der ländlichen Bevölkerung, Saatgut zu vermehren, zu lagern, zum Verkauf anzubieten und zu verkaufen.[5]

 B) Eine Ausschaltung der Rechte der bisherigen Nutzer:innen ist mit der EU-Biodiversitätsstrategie unvereinbar. Die Registrierung als zusätzlicher Züchter einer Hochleistungssorte ist zwar theoretisch möglich, jedoch in der Praxis für die Erhalter:innen nicht zumutbar. Es setzt darüber hinaus die Verwendung züchterisch identen Materials voraus. Dadurch ginge die genetische Diversität dieser Sorte und ihre Anpassungsfähigkeit verloren. Alle registrierten Erhalter:innen dürften dann nur noch die im Sortenregister beschriebene Linie in Verkehr bringen. Im Sinne der Erhaltung einer genetischen Diversität ist es von großer Wichtigkeit, die In-situ-Vermehrung an möglichst vielen verschiedenen Standorten zu ermöglichen und zu fördern.

 C) Der Sortenname ist bereits eingeführt. Eine Hochzuchtsorte, die den DUS-Kriterien entsprechen muss und laut Firma Reinsaat selbst gezüchtet wurde, kann daher nicht unter dem bereits verwendeten und gebräuchlichen Namen einer beliebten Erhaltungssorte zum Zulassungsverfahren eingereicht werden.


Ad2.2:

Da die Zulassung bereits erfolgt ist, richtet sich unser Einspruch auf eine möglichst schnelle Aufhebung der Zulassung. Zusätzlich zu den Gründen A bis C, die auch hier zutreffen, führen wir an:

 D) Sollte die Sorte, wie von der Firma Reinsaat auf deren Homepage angegeben, züchterisch bearbeitet worden sein, müsste sie sich von der bisher im Umlauf befindlichen Sorte ´Shintokiwa´ deutlich unterscheiden.

 E) Die Firma führt diese Sorte unter der Bezeichnung „Reinsaat- Züchtung“. Diese Angabe ist anzuzweifeln, da die Herkunft der Sorte ´Shintokiwa´ und ihre langjährige Verwendung und Erhaltung als Gemeingut dokumentiert ist. Sollte es sich um eine eigene Züchtung der Firma handeln, müsste die Sorte eigene, neue Eigenschaften aufweisen und dürfte nicht unter Aneignung eines bereits bestehenden und gut eingeführten Namens zugelassen werden.

 F) Sollte die Sorte nicht züchterisch bearbeitet worden sein, was aufgrund der Sortenbeschreibungen nicht auszuschließen ist[6], ist eine Zulassung als Handelssorte jedenfalls nicht zulässig, da sie die Verfügbarkeit der Vielfalt phytogenetischer Ressourcen und die Rechte der Kleinbauern und der ländlichen Bevölkerung einschränkt, was weder mit der Biodiversitätsstrategie noch mit den kleinbäuerlichen Rechten laut UNDROP vereinbar ist.

 G) Ein weiteres Indiz dafür, dass die Sorte nicht züchterisch bearbeitet wurde ist die Tatsache, dass im Onlinekatalog der Firma Reinsaat mittlerweile der Wortlaut „von Reinsaat gezüchtet“ entfernt wurde. Geht man davon aus, dass die Eintragung korrigiert wurde, so ist dies als Eingeständnis zu bewerten, dass die ursprüngliche gemachte Angabe unrichtig war.[7]

 H) Aus den oben genannten Gründen ergibt sich die Forderung an die Behörde, das Zulassungsverfahren aufgrund neuer Erkenntnisse neu aufzurollen und die Angaben der Zulassungsinhaberin erneut zu überprüfen bzw. die Zulassung aufzuheben.


ad2.3:

Als Begründung führen wir die Punkte A bis H an und zusätzlich:

 I) Sollte es sich um eine züchterisch bearbeitete Sorte handeln, kann sie nicht unter dem traditionellen Namen einer bereits bekannten Sorte zugelassen werden.

 J) Sollte keine züchterische Bearbeitung erfolgt sein, kann sie ebenfalls nicht unter diesem Namen angemeldet werden, weil der Name ´Shintokiwa´ seit mindestens 2001 für die in Umlauf befindlichen und lokal angepassten Linien der Sorte Verwendung findet. Eine den DUS-Kriterien entsprechende Sorte mit dem gleichen Namen zu bewilligen, ist für Konsument:innen irreführend und bedeutet das Ende der jetzt bestehenden genetischenVielfalt der Sorte.

 K) Der Sortenname wird seit vielen Jahren weltweit für eine von Saatguterhalter:innen beschriebene und allgemein bekannte Sorte verwendet. In Österreich können wir die Verwendung des Namens für die Sorte´Shintokiwa´ seitdem Jahr 2001 nachweisen. [8]

 

Die Unterzeichner:innen dieses Einspruchs beantragen aus oben genannten Gründen daher


  • die sofortige Wiederaufnahme des Zulassungsverfahrens der Sorte ´Shintokiwa´.
  • die sofortige vorläufige Tilgung der Sorte von der österreichischen und der EU-Sortenliste bis das neu aufgenommene         Verfahren abgeschlossen ist.
  • Rücknahme der Zulassung der von der Firma Reinsaat angemeldeten und beschriebenen Sorte unter welchem Namen auch immer und Wiederholung des Zulassungsverfahrens.
  • In eventu die Rücknahme der Zulassung der Sorte unter Verwendung des Namens ´Shintokiwa´.
  • Aufhebung der Zulassung wegen falsch gemachter Angaben im Zulassungsverfahren.


Weiters begehren wir Akteneinsicht und Zuerkennung der Parteienstellung, da wir unmittelbar von den Verfahren betroffen sind.
 

Dieser Einspruch wird eingebracht von untenstehenden Unterzeichner:innen.


Sie benennen als Zustellungsbevollmächtigte:

Helmut Hohengartner, Treietstraße 8, 6830 Rankweil, und

Florian Walter, Offenburg 20, 8761 Pöls-Oberkurzheim,

(Initiative Unverblümt und Komitee Unverblümte Sortenfibel).

 

Anlagen: Anhänge 1 bis 6 


[1]    Verein Arche Noah, Schiltern, Sortenhandbuch 2001, 2002, 2003, 2004, 2008, 2009/10, 2011/12, 2015/16 – Anhang 1

[2]    Siehe auch Homepage Samengreisslerei, Screenshot Anhang 2 sowie die Unverblümte Sortenfibel Anhang 3.

[3]    Arche Noah Newsletter Juli 2018, Screenshot Anhang 4.     

[4]    Homepage Reinsaat, Screenshots Anhang 5.

[5]    United Nations Declaration of the Rights of Peasants Artikel 19

[6]    Beschreibungen der Sorte – Anhang 6.

[7]   Siehe Anhang 5, ReinSaat Online-Katalog vom 28.6.2023

[8]    SieheAnhang 1, 2 und 3.

 

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